Paketabholung rund um die Uhr – das verspricht die Post mit ihren neuen Paketautomaten. Aber funktioniert das wirklich? intuitiv hat dem computergesteuerten Post-Beamten auf den Zahn gefühlt.
Eigentlich ja. Zumindest kann es jedem Paketempfänger passieren. Denn es gibt zwei Möglichkeiten, wie ein Paket in den Post.24-Automaten gelangt:
Bei der Zustellung von Paketen kann ein Zusteller selbständig entscheiden, ob er ein Paket in der Postfiliale oder einem Post.24-Automaten hinterlegt. Hinterlegt er es in einer Post.24-Station, hinterlässt er dem Kunden statt der üblichen gelben Benachrichtigung eine Karte, auf der der Standort der Station und ein Pincode zur Behebung der Sendung verzeichnet ist. Das darf er aber nur, wenn die Station für die Kunden näher als die Postfiliale liegt oder zumindest gleich entfernt ist.
Der Einstieg: Der Post24-Automat empfängt mit einem innhaltsleeren Startbildschirm. Um zum Wesentlichen zu kommen, müssen alle Benutzer einmal drücken.
Die englische Version ist hier noch nicht zugänglich.
Weitere Kleinigkeit: Das großgeschriebene „HIER“ ist überflüssig – tatsächlich kann man den Bildschirm überall berühren.
Das Hauptmenü: Zur Auswahl stehen zwei Methoden der Paketabholung und die Paketaufgabe.
Stolpersteine:
Die Eingabemaske für den 4-stelligen Abholcode.
Stolpersteine:
Positiv:
Nach Eingabe des Codes erscheint der selbe Bildschirm noch einmal. Aber nur auf den ersten Blick – tatsächlich handelt es sich nämlich um die Eingabemaske für den zweiten Abholcode. Das verwirrt ein wenig. Warum gibt es überhaupt zwei Codes? Ein einziger mit acht Stellen bietet exakt die selbe Sicherheit, wäre aber einfacher in der Handhabung.
Letzte Schritte. Der Automat meldet die Öffnung des Fachs und bittet, es danach wieder zu schließen. Selber kann er das nämlich nicht.
Nach dem Drücken auf „Paketaufgabe Retouren“ im Hauptmenü erscheint (nach sechs Sekunden Wartezeit) die Aufforderung, den Strichcode am Paket einzuscannen. Der rote Pfeil zeigt an, wo der Scanner am Gerät angebracht ist (unterhalb des Bildschirms).
Positiv: Falls das Einscannen nicht funktioniert, kann der Paketcode auch manuell eingetippt werden.
Auswahl der passenden Fachgröße. Das größte Fach misst 40x37x61cm – für große Versandhauspakete ist das zu klein.
Nach kurzer Wartezeit öffnet der Automat ein freies Fach der gewählten Größe. Positiv: Falls das Paket doch nicht ins gewählte Fach passt, ist ein Wechsel zu einem der größeren Fächer leicht möglich.
Sobald man das Fach schließt, muss man durch Drücken auf „Paket eingelegt“ bestätigen. Das kommt für die Benutzer zwar überraschend, ist allerdings unvermeidbar – der Automat kann nicht feststellen, ob tatsächlich etwas im Fach liegt.
Als Abschluss wird ein Beleg gedruckt.
Die Fehlermeldungen des Gerätes sind sowohl optisch als auch inhaltlich uneinheitlich gestaltet. Nach Eingabe eines ungültiges SMS-Abholcodes (links) fordert der Automat die Benutzer auf, es noch einmal zu versuchen. Bei Eingabe eines ungültigen Post.24 Abholcodes (rechts) soll man sich jedoch an eine Postfiliale wenden.
Wer nach Auswahl der maximalen Fachgröße auf „Fach zu klein“ drückt, erhält eine Fehlermeldung, dass kein größeres Fach verfügbar ist. Bessere Lösung: In diesem Fall den „Fach zu klein“-Knopf gar nicht anbieten.
Das Feld zur manuellen Eingabe der Paketnummer ist zu klein. Einerseits passt die 16-stellige Nummer nicht in eine Zeile, andererseits werden die Zahlen in der ersten Zeile oben leicht abgeschnitten.
Kleinigkeit: Die Beschriftung „Paketcode“ suggeriert, dass es sich hier um eine Geheimzahl handelt.
Die Eingabemaske für den Post.24-Abholcode. Hier ist die Eingabe von 112 Zeichen möglich.
Kleinigkeit: Im Unterschied zur Eingabemaske für den Paketcode (siehe Foto darüber) gibt es hier keinen „Korrektur“-Knopf. Die Backspace-Taste (Pfeil nach links) löscht nur das jeweils letzte Zeichen.
Die Lagerfrist in Post.24-Stationen beträgt 5 Werktage – danach werden nicht abgeholte Pakete an die Absender retourniert.
Hintergrund: Generell gibt es bei Paketen zwei unterschiedliche Lagerfristen:
Wie lang das Paket gelagert wird, entscheidet der Absender. Und da Versandhäuser in der Regel daran interessiert sind, nicht abgeholte Pakete möglichst schnell wieder zurück zu bekommen, wählen sie meistens die kurze Frist.
Durch Drücken auf den Telefon-Knopf (rechts oben) bietet der Automat die Möglichkeit, mit einem Post-Mitarbeiter zu sprechen. Das ist ein herausragendes Service, das man sich auch bei vielen anderen Automaten wünschen würde!
Allerdings gibt es ein paar Schwachpunkte:
Der Eingabe-Bildschirm beginnt in einer Höhe von 138 cm; die Oberkante ist bei 161 cm. Die obersten Paketfächer beginnen bei 150 cm. Für Rollstuhlfahrer ist das etwas hoch. Laut ÖNORM wird eine Höhe von 100 bis 110 cm empfohlen. Leicht zu realisieren wäre z.B. ein eigener Rollstuhl-Knopf, der eines der unteren Fächer öffnet (bei Paketrücksendung).
Für Sehbehinderte ist ein Touchscreen insgesamt ein Problem. Hier sollte es möglich sein, den Code über die gewohnte Bankomat-Tastatur einzugeben (siehe unsere Verbesserungsvorschläge weiter unten). Ebenso leicht umzusetzen wäre eine Sprachausgabe, da ein Lautsprecher ohnehin vorhanden ist. Auch eine Spracheingabe wäre realisierbar (über das vorhandene Telefon-Mikrofon).
Für Menschen mit geringer sprachlicher Kompetenz (Analphabeten, sehr alte Menschen, geistig Behinderte) sind die vielen ungewohnten Fachausdrücke eine Hürde.
Der Automat prüft den ersten Abholcode nicht sofort, sondern erst gemeinsam mit dem zweiten. Daher bieten die beiden 4-stelligen Abholcodes die selbe Sicherheit wie ein einziger mit 8 Stellen. Dafür gibt es 108 = 100 Millionen mögliche Zahlenkombinationen. Ein Automat hat 76 Paketfächer. Von den 100 Millionen Codes sind also (höchstens) 76 bei diesem Automaten gültig. Die Wahrscheinlichkeit, einen gültigen Code zu erraten, beträgt somit ca. 1 zu 1 Million. Zum Vergleich: Die Wahrscheinlichkeit für einen Lotto-Sechser ist ca. 1 zu 8 Millionen. Allerdings: Beim Automaten hat man beliebig viele Versuche. Wer sich beeilt und nur 4 Sekunden für einen Versuch braucht, schafft in 8 Stunden 7.200 Codes. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein gültiger dabei ist, beträgt 1 zu 183.
Insgesamt eine gute Idee.
Es ist zwar wesentlich umständlicher, als es sein müsste. Aber eigentlich kann man nicht viel falsch machen. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand an diesem Automaten scheitert, ist sehr gering. Wer eine SMS bzw. E-Mail mit dem Abholcode aufrufen kann, wird auch mit diesem Automaten zurecht kommen. Der ganze Vorgang dauert alles in allem kürzer als eine Minute.
Für die Bevölkerung bringt der Automat gegenüber Abholung am Postamt drei Vorteile:
Startbildschirm und Hauptmenü entfallen. Der Automat zeigt sofort die Tastatur zur Code-Eingabe an. Optional sollten die Benutzer dafür auch die vorhandene Bankomat-Tastatur verwenden können (siehe Barrierefreiheit weiter oben).
Abholung mit SMS-/E-Mail-Code: Die beiden Abholcodes werden zu einem einzigen Code zusammengefasst. Die Benutzer können unmittelbar mit der Eingabe beginnen. Somit hinfällig: Startbildschirm, Hauptmenü, 2. Abholcode.
In der Verständigungs-E-Mail sollte auch ein Strichcode zum Ausdrucken enthalten sein.
Abholung mit Abholkarte: Der Strichcode-Scanner ist ständig aktiv. Die Benutzer halten einfach die Karte hin, das Fach öffnet sich – fertig. Somit hinfällig: Startbildschirm, Hauptmenü.
Wenn der Scanner aus technischen Gründen nicht immer eingeschaltet sein kann: Neben der Tastatur einen großen Knopf anzeigen, um ihn zu aktivieren.
Paketrücksendung: Die Benutzer halten einfach das Paket zum Scanner. Der Automat erkennt automatisch, ob es sich um einen Paket-Strichcode oder um eine Abholkarte handelt.
Somit wären von den 24 jetzigen Bildschirmen nur mehr 10 notwendig:
Auch das normale Verschicken von Paketen wäre leicht realisierbar:
Noch vier weitere Post-Aufgaben könnten grundsätzlich in den Automaten eingebaut werden:
Wenn man der Phantasie freien Lauf lässt, dann tauchen noch viele weitere (teils utopische) Einsatzmöglichkeiten auf. Damit würde aus dem Paket-Automaten eine Art „Bürger-Automat“ werden:
Postler könnten von Automaten ersetzt werden
DiePresse.com (4.3.2009)
Post-Automaten können Postler teilweise ersetzen
oe24.at (4.3.2009)
Automaten könnten Postler teilweise ersetzen
Vorarlberg Online (4.3.2009)
Österreicher sehen Schließungen gelassen: 80 % ist es egal, von wem die Post kommt
news.at (4.3.2009)
Post – Automaten könnten Postler künftig teilweise ersetzen
Austria Presse Agentur, Meldung APA0159 5 WI 0224 II (4.3.2009, 10:32)
Post.24: Paketautomaten mit Problemen
„Die Presse“ berichtete schon am 6.2.2007 über Startschwierigkeiten der neuen Post.24-Automaten, insbesondere beim SMS-Versand.